Das Internet in den Katalog oder den Katalog ins Internet?
10. Mai 2010 von
Diese bibliothekarische Gretchenfrage wurde am vergangenen Wochenende auf dem BibCamp in Hannover diskutiert – zunächst in einer Session mit der Leitfrage, warum die Bibliotheken eigentlich nicht ans Netz wollen. Meine These dazu: Die Bibliotheken meinen, sie seien im Netz – schließlich hat man doch extra in das WebOPAC-Modul investiert und ein CMS für die Erstellung der Website eingekauft. Dass jedoch reicht mittlerweile nicht mehr – Präsenz in Facebook, Digitalisate bei Google Books, offene Kataloge mit freien, verlinkbaren Metadaten, so und ähnlich lauten die Anforderungen an Bibliotheken ungefähr 20 Jahre nach der Erfindung des World Wide Web. Außerdem haben sich die Art und Weise, wie gelernt, studiert, Wissen organisiert und publiziert durch die neue Medienrevolution dramatisch verändert – was von Bibliotheken oft ignoriert und von BenutzerInnen mit Sätzen wie „I’ve got Google, why do I need you“ bestraft wird. Konsequent also die Forderungen, die in vielen Sessions auf dem BibCamp immer wieder auftauchten: Mehr Know-How für BibliothekarInnen, Erforschung der Benutzerbedürfnisse mit neuen Methoden, Organisationsentwicklung und Innovationsmanagement.
Aber neben Gretchen- wurden auch weitaus konkretere Fragen diskutiert. Ebenfalls ein häufiges Thema waren die Websites von Bibliotheken, die in der Regel unverbunden neben deren Katalogen, Weblogs, EZB- und DBIS-Seiten stehen. Das neue Ziel: eine Integration von allen Nachweissystemen, Volltexten und Benutzungsinformationen, wie sie beispielsweise im neuen Portal der USB Köln realisiert ist. Dem Thema Katalog 2.0 waren mehrere Sessions gewidmet: In „OPAC mit vuFind“ wurde bestätigt, was hier im beluga-Blog anlässlich der Version 0.9 auch schon Thema war: Die Anbindung der neuen Discovery Layer an die Bibliothekssysteme und ihre Verfügbarkeitsinformationen ist ein großes Problem. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Installation von fertigen Open Source-Lösungen wie vuFind keine allzu großen technischen Herausforderungen birgt und schnell zu Erfolgen führen kann, wie das entsprechende Projekt an der TUB Hamburg-Harburg zeigt.
Mit einer speziellen Facette des Katalog 2.0 haben wir uns in der Session „Der beratende Katalog“ beschäftigt, die auf diese Überlegungen zurückgeht und im Kern das Ergebnis brachte, dass weniger der intellektuelle Aufwand bei der Erstellung von Auswahllisten sinnvoll erscheint, sondern vielmehr die Investition in automatische Indexierung, ein Mashup mit Library Thing und vor allem die Weiterarbeit an dem vielversprechenden Thema Relevance Ranking. Das Eingangsstatement dieser Session sowie weitere Diskussionsergebnisse in diesen Folien:
[…] als Kompetenzzentrum für Web 2.0? #bib3, Library Mistress [Update] Christensen, Anne: Das Internet in den Katalog oder den Katalog ins Internet?, Beluga Blog [Update] Christensen, Anne: Der beratende Katalog, Folien zur Session, slideshare […]
Mh, ja, eine Beratungsfunktion würde die Kataloge ein ganzes Stück attraktiver machen. Die Idee mit dem Abgrasen der Prof-Sites ist naheliegend und mir trotzdem neu; es wäre einen Versuch wert zu sehen, was da geerntet wird. Ist die Idee mit den auf Einführungen, Lehrbücher etc. hindeutenden Signaturen aus der Welt? Erfordert die Umsetzung zu viel manuellen Input?
Ja, ich verspreche mir durchaus immer noch viel von den Literaturlisten der Profs, trotz aller Einwände. Das mit den Signaturen ist noch nicht ganz aus der Welt, aber zunächst erstmal unrealistisch, da ich noch nicht weiß, ob sich auch in den beluga-Partner-Bibliotheken solche Selektionen über Signaturen anbieten. Ich glaube leider eher nicht. Aber wir bevorzugen Einführungen, Lehrbücher etc. seit der Version 0.8 ja schon qua Titelstichwort über das Relevanz-Ranking.